Die ungemütliche Rolle Chinas.

Alle fragen sich aktuell, wie sich China langfristig positionieren wird. Bislang versuchen die Chinesen noch sich aus dem Konflikt herauszuhalten – soweit es geht. Das hat mehrere Gründe, die aufzeigen wie China gestrickt ist und wo deren eigene Schwachstellen liegen.

 

Irgendwie haben wir, wenn wir von China sprechen, gefühlt immer zwei Länder vor Augen. Einerseits reden wir von der Wirtschaftsmacht, die mittlerweile die "Fabrik" der gesamten Welt darstellt. Aber an anderer Stelle sehen wir den kommunistischen Regierungsapparat der natürlich auch imperialistische Bestrebungen hat – siehe Tibet, Taiwan und Hongkong. Im Gegensatz zu Russland besteht hier aber in meinen Augen, doch ein gewaltiger ideologischer Unterschied. Beides nennt sich zwar Kommunismus aber der Unterschied im Kern ist ernom. In China steht nicht das zarenhafte System im Vordergund. Es ist kein aus Überzeugung gelebter Kommunismus, sondern ein "benutzter" Kommunismus. Ich denke, dass der "Stolz" den sich Russland aus den Zeiten des Zarenreichs und der UDSSR erhalten hat, in China in dieser Form aus der Zeit Maos nicht übernommen wurde. In China finden sich vermutlich kaum mehr echte Marxisten. Dort hat man eher erkannt wie effektiv dieses System sein kann um seine eigenen Ziele zu erreichen, nämlich die Menschen dazu zu bringen zu arbeiten um die Wirtschaftsmacht China immer weiter zu stärken. Man verkauft sich vor dem Volke als überzeugte Kommunisten. In Wirklichkeit sind sie Kapitalisten wie sie im Lehrbuch stehen. Und genau da liegt für China eine riesige Zwickmühle.

 

In Russland ist die Sache eher umgekehrt. Dort finden sich tatsächlich viele Anhänger der ehemaligen UDSSR die im Herzen wirklich Kommunisten sind, obwohl sich das Land in der Öffentlichkeit versucht als westliche orioentierte Demokratie zu produzieren. China hätte sich schon lange auf die Seite dieses "kommunistischen Bruders" schlagen können um ihm ein Geiste und im Kampf zur Seite zu stehen. Aber ich setze das bewusst in Gänsefüßchen, denn, eben weil in China die Wirtschaft doch wichtiger ist als das politische System, hadert man damit, weil man spürt, dass man ähnlich stark sanktioniert würde, wie Russland. Das würde dem obersten Ziel der Chinesischen Republik massiv entgegenwirken: dem Geldverdienen, und, sich in der ganzen Welt unverzichtbar zu machen. Russland zur Seite zu springen würde genau das Gegenteil erreichen.

 

Natürlich könnte man mit dieser Logik jetzt mutmaßen, dass es für China doch absolut logisch wäre, den Russen in den Rücken zu fallen um sich beim Westen weiter anzubiedern und bestehende Verflechtungen weiter zu vertiefen. Aber, auch wenn die Chinesen nur zu gerne Putin vor den Zug werfen würden, so würden sie sich doch selbst damit schaden. Denn es gilt die "kommunistische Fassade" weiter aufrecht zu erhalten. Auch wenn die Chinesen den Kommunismus ideologisch nicht so verstehen wie Putin, und diese Staatsform nur "ausnützen", muss der Kommunismus nach innen, wie nach aussen, als funktionierendes System wahrgenommen und deshalb verteidigt werden. Würde man Russland opfern und zeigen, dass der Kommunismus dort von der Ukraine und dem Westen in die Knie gezwungen wurde, dann wäre die Botschaft an die Welt, dass China genauso bezwingbar ist. Das wäre für China blanker Selbstmord.

 

Man sieht, für China ist dieser Konflikt die Wahl zwischen Pest und Cholera. Auch Peking sucht verzweifelt eine Möglichkeit um den Konflikt so beizulegen, dass der eigenen Rolle nicht viel Bedeutung beigemessen werden muss. Mit jedem weiteren Tag wird aber die Forderung lauter, China müsse sich jetzt endgültig positionieren. Egal für welche Seite man sich dann entscheiden würde, würde sich die Situation, verglichen mit dem Status Quo, dort verschlechtern. China steht also nicht nur zwischen zwei Stühlen und bekommt mehr und mehr eine unbequeme Schlüsselrolle. Geht man auf den Westen zu und positioniert sich gegen Russland, wird man zwar wirtschaftich mit dem Teil der Welt in Handelsbeziehungen bleiben, wo auch wirklich Geld zu holen ist. Aber man schwächt erstens das Image des Kommunismus nach innen, und zweitens wird man eigene imperialistische Bestrebungen in Richtung Hongkong und Taiwan sofort beerdigen können. Sähe man doch an der Blaupause Ukraine wo diese eigenen Konflikte enden würden. Allerdings wäre das Parteiergreifen für Russland auch maximal schädlich. Man wird in den nächsten Monaten sehen wie extrem die russische Wirtschaft davon betroffen sein wird. Das kann sich China wohl kaum leisten, würde dies doch zur Folge haben, dass unzählige westliche Unternehmen ihre Produktion wieder in ihre Heimatländer zurückholen, oder in andere Staaten verlagern würden. Den perfekten Mittelweg zu finden, käme somit der Quadratur des Kreises gleich und wird wohl nicht erreicht werden können. Ich denke, dass all diese Verflechtungen die Kriegsschauplätze der Neuzeit sind, und man wird sehen müssen, welcher Hebel der Längste ist. Der von Putin wird es am Ende nicht sein...

 

Die westliche Welt muss sich hier allerdings klar machen, welche Rolle sie China zugestehen will/sollte/darf. Zwar wird China den Konflikt, schon alleine aus den erwähnten eigenen Interessen, schnellstmöglich lösen wollen. Dem Westen gegenüber wird man das aber nicht so verkaufen, sondern klar machen, dass man für diese Hilfestellung eine Gegenleistung erwartet. Das wird vermutlich eine wirtschaftliche Erpressung zur Folge haben, die uns noch abhängiger von China machen wird. Unsere westlichen Politiker müssen sich also klarmachen, dass diese neue tiefergehende Abhängigkeit zu China lediglich ein Substitut  für die aktuelle Abhängigkeit von russischem Öl und Gas ist. Wirtschaftlich, so wie energiepolitisch unanbhängiger werden wir durch diese zu kurz gedachten Lösungen nicht. Wir brauchen also eine klug abgewogene Außenpolitik die all dies auf dem Schirm hat. Ob Annalena dieser Mammutaufgabe gewachsen ist, wage ich zu bezweifeln.

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