Schaut her, die Linke Selbstgerechtigkeit!

Ich erinnere mich an den Skandal im Februar 2020 als wäre es gestern gewesen, als Thomas Kemmerich mit Stimmen der AfD in Thüringen zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Der Aufschrei war damals enorm weil es seit der Weimarer Republik das erste Mal war, dass eine demokratische Partei mit Stimmen der Rechtsextremen regieren konnte. Der Aufschrei war groß und kam vor allem von links.

 

Der Vorfall war damals zwar inhaltlich schon ein Skandal, aber es ereigneten sich um diesen Vorfall herum auch ein paar andere sehr denkwürdige Dinge. Allem voran, der total peinlich-pubertäre Anfall von Rampenlichtgeilheit von Susanne Hennig-Wellsow, als sie Thomas Kemmerich den Blumenstrauß vor die Füße warf. Gerade Die Linke echauffierte sich bei diesem Thema an vorderster Front und empfand sich selbst als die Speerspitze im Kampf gegen Rechts. Mir kam das damals schon sehr heuchlerisch vor. Immerhin ist Die Linke eine Partei die nach ihrer Gründung ähnlich angefeindet wurde wie heute die AfD. Die Älteren unter uns haben sicher alle nicht vergessen, dass es dieser Partei mehr als 10 Jahre nahezu exakt genauso erging, wie heute den Rechten. Alle demokratischen Parteien hatten eine direkte Zusammenarbeit mit der ehemaligen SED kategorisch ausgeschlossen und so mancher Funktionär etablierter Parteien blieb sogar Talkshows fern, wenn Mitglieder der Linken zugegen waren. Allen voran die SPD. Genaugenommen war Die Linke der Aussätzige der deutschen Politik, bis die AfD auf der Bildfläche erschien. Das ist nicht nur in Vergessenheit geraten, sondern wurde von Politikern der Linken auch aktiv vergessen gemacht. Jahre später war der Schock bei den demokratischen Parteien über den Einzug der AfD in den Bundestag dann so groß, dass das Augenmerk aller, von der Linken weg, in Richtung AfD ging. Diesen Umstand nutzte sie geschickt um unbemerkt die Seite ins Lager der demokratischen Parteien zu wechseln um dort in den Kanon gegen rechts miteinzustimmen. Für die Linke mag es sich zwar so anfühlen als hätte sie es aus ihrer alten unliebsamen Rolle heraus geschafft. Fakt ist aber, dass sie dieses Image der Regime-Partei in vielen Köpfen noch immer hat. Eine Zusammenarbeit bereitet vielen wirklich demokratischen Parteien immernoch massives Unbehagen. Klar, für diejenigen unter uns die damals noch zu jung waren um dies zu verstehen, sieht das heutige Verhalten der Linken so aus, als wären sie seit jeher in der Demokratie angekommen. Nicht zuletzt weil sie es sind, die in solchen Situationen wie im Thüringer Landtag 2020, mit am lautesten schreien. Diese Taktik lässt sich aber nur mit "Angriff ist die beste Verteidigung" erklären. Doch nur weil sich Die Linke immer schön laut und krawallig gegen Rechts und für die Gesellschaft ausspricht, heisst das nicht, dass die Partei ideologisch in der Demokratie angekommen wäre. Es bedeutet schon gar nicht, dass sie moralisch über jeden Zeifel erhaben ist. Sich stets so darzustellen als wäre man entgegen aller anderer Parteien bereits auf der nächsten Ebene der der Moral angekommen, ist nichts weiter als ein Akt der Selbstinszenierung.

 

Der Beweis dafür ist aktuell die Bürgermeisterwahl in Berlin-Pankow. Das Ergebnis lässt darauf schließen, dass der Kandidat der Linken nur gewinnen konnte, weil vermutlich fünf Stimmen der AfD ihren Beitrag dazu geleistet haben. Aktuell wird dies nur von AfD selbst bestätigt. Was aber aktuell ausbleibt, ist das Bedürfnis der Linken diese Aussage der AfD deutlich zu widerlegen. Würde eine Aufarbeitung ergeben, dass dies tatsächlich stimmt, würde das die Partei den Sieg kosten. Um dies zu verhindern wird dieser Sachverhalt schön unter den Teppich gekehrt. Daran kann man aber ablesen, dass es mit dem moralischen Kompass der Linken nicht weit her ist. Wäre das nicht nur Show, müsste nach deren eigener Argumentation aus dem Jahre 2020, die Empörung auch jetzt wieder enorm sein. Wäre es für Die Linke tatsächlich so verwerflich sich von der AfD zum Sieg verhelfen zu lassen – wie man es der FDP damals vorwarf – dann müsste es für sie inakzeptabel sein, Sören Benn auf diese Weise ins Rathaus zu bringen. Aber wie auch bei den Akteuren der anderen politischen Lager wird hier eher aus politischem Opportunismus heraus agiert anstatt moralische Standhaftigkeit zu demonstrieren. Also könnte es so kommen, dass die Maßstäbe die Die Linke so gerne an andere anlegt, wohl bei ihrem eigenen Kandidaten nicht zur Anwendung kommen.

 

Oder waren Sie schon im Blumenladen, Frau Hennig-Wellsow?

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