Langsam aber sicher muss ich am Verstand der Deutschen zweifeln. Erst wählen wir keinen Papst sondern den Pontifex. Dann werden wir nicht mehr mitgenommen, sondern abgeholt, dann müssen wir uns, anstatt ehrlich zu bleiben, auch noch ehrlich machen. Wir zeigen plötzlich nicht mehr Haltung sondern klare Kante. Wir ziehen keine Grenzen mehr sondern alle wollen nur noch Brandmauern. Parteien haben auch keine Erklärung mehr sondern ein Narrativ. Wir betrachten Dinge neuerdings auch nicht mehr unter dem Strich sondern am Ende des Tages. Unser Faible für schau klingende Begriffe beschert uns nun das neuste Wortungetüm an dem sich die Deutschen offenbar im Kollektiv erfreuen: durchstechen.
Ich frage mich wer sich so unfassbare Wortkonstrukte ausdenkt? Ich bin jetzt 48 Jahre alt und noch nie habe ich bei durchgesickerten Informationen das Wort durchstechen gehört. Ich kenne
das Wort lediglich im Zusammenhang, damit mechanisch etwas zu durchstechen. Ich lese viel, sehe viel TV, Filme und unterhalte mich viel. Das Wort ist mir in der Tat in diesem Zusammenhang noch
nie begegnet. Ich habe das gegoogelt und diese Bedeutung wird beim Wort durchstechen zwar gefunden aber nicht als primäre Bedeutung. Was dabei kurios ist, dass die Unterseite bei Duden 2021
aktualisiert wurde. Da frage ich mich doch glatt, ob Duden diese Bedeutung wirklich vorgegeben hat, oder ob Duden tagesaktuell die Benutzung des Wortes bemerkt und somit kurzerhand in seinem
Fundus mitaufgenommen hat. Das ist ein klarer Fall von Ei und Henne. Wie dem auch sei: Wenn es da in Deutschland jemanden gibt der so viel Zeit hat sich so einen Mist auszudenken, oder das
Wörterbuch nach unüblicher Wortnutzung zu durchsuchen dann soll er sich bei mir melden, ich gebe ihm dann was zu tun. Aber Langeweile kann keine Legitimierung sein so mit unserer schönen Sprache
umzugehen.
Dass sich so mancher solche Wort-Ungetüme ausdenkt wäre ja eine Sache, aber dass sich eine ganze Nation immer innerhalb kürzester Zeit auf solche linguistischen Fehltritte einlässt und diese dann
munter nachplappert ist hochgradig peinlich. Dass wir in unserer Sprache so einfältig sind gipfelte dieser Tage darin, dass Johannes Vogel von der FDP und Michael Kellner von den Grünen jeweils
Tweeds abgesetzt hatten die im Wortlaut fast schon einem Copy-Paste gleichkommen. Einfältiger geht es nicht mehr. Doch eigentlich schon; Nachrichten landauf und landab benutzen bei der aktuellen
Sondierung unisono das Wort durchstechen genauso eifrig wie alle Poltiker die sich dieser Tage dazu äußern. Dabei offenbart sich, dass unsere Gesellschaft in ihrer Sprache kaum mehr Schamgefühl
und schon gar keine Individualität mehr besitzt. Zeitgeist first!
Ich beziehe hier jetzt mal klare Kante: Mich holt dieses Geschwafel NULL ab. Da ziehe ich für mich eine klare Brandmauer zu diesen Einfaltspinseln, selbst wenn sich darunter der Pontifex befinden sollte. Auch wenn sich so mancher damit ehrlich macht hat er doch kein Narrativ in seinen Äusserungen. Wer diese Zeilen liest hat von mir die Erlaubnis diesen Artikel zu anderen Menschen durchzustechen!
Kotz!
Achja, an die Person die sich diese Wortungetüme ausdenkt:
Wenn du mein Auto und mein Wohnmbil gewaschen und poliert, meinen Keller aufgeräumt, meine Schrauben sortiert, unser Altglas und Altpapier weggebracht und alle unsere Schuhe geputzt hast, wollen wir sehen, ob dir dann noch danach ist, dir so einen Schwachsinn auszudenken...
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Elfi (Sonntag, 10 Oktober 2021 14:53)
Der hat halt nichts anderes zu machen!