Deutschland ist wohl überall?

Ich bin mal wieder auf dem Campingplatz unterwegs und habe wieder Grund mich aufzuregen. Ich habe mich voller Vorfreude in mein Wohnmobil gesetzt und bin Richtung Italien gefahren um dort den wohlverdienten Abstand zum Alltag in Deutschland zu bekommen. Aber das ist gar nicht so leicht.

 

Da ich in meinem Mobil gerne fahre, machen mir lange Stecken nichts aus. Sollte mich die Müdigkeit überkommen fahren wir raus und schlafen irgendwo. Als vornehmliches Reisziel hat es uns das Geburtsland meine Mutter angetan – Italien. Wir lieben die Menschen, die Sprache, das Essen und die ganze südländische Mentalität. Von Corona ganz abgesehen genießen wir es jedes Mal eine andere Sprache als Deutsch zu hören, andere Lebensmittel im Supermarkt zu entdecken, lecker Essen zu gehen und andere Gerüche wahrzunehmen. Im Urlaub ist einfach alles anders. Möchte man zumindest annehmen.

 

Doch kommt oftmals einfach anders. Natürlich sind mir hier auf dem Platz nicht genug Italiener. Selbstredend. Aber es ist nun mal so, dass auch andere Deutsche auf die Idee kommen ins Ausland zu fahren. Ich gönne es ihnen ja auch. Was mich aber hochgradig ankotzt ist, dass diese Menschen mit ihrer Ignoranz dieses wunderschöne Land verpesten. Es ist nichts anderes als Verschwendung, wenn Deutsche die Luft mit ihrem Diesel auf dieser langen Fahrt vollstinken um dann dort exakt das Gleiche zu tun was sie auch 5km von ihrem Heimatort entfernt hätten tun könnten. Da wird Abends gegrillt oder das obligatorische Schnitzel selbst gebraten, und an den Strand geht man auch nicht weil man doch 3 Meter laufen müsste. Wozu dann diese weite Fahrt auf sich nehmen? Aber selbst das kann ich noch akzeptieren, denn das ist einfach nur persönliche Dummheit die ich, wenn ich die Umweltverschmutzung durch die Fahrt ignoriere, noch hinnehmen könnte. Was ich aber nicht ignorieren kann ist, wenn sich deren Verhalten auf meinen Urlaub auswirkt, da kriege ich nämlich voll die Krise.

 

Ich komme gerade aus dem Supermarkt und habe mich mit italienschen Lebensmitteln für das Frühstück eingedeckt. Die Vorfreude auf diesen leckeren Beginn des Tages wurde aber genau in dem Moment unterbrochen, als ich nach langem Schmieren und Schneiden den ersten Bissen machen will. Der nervig wichtigtuerische Nachbar aus Ansbach fängt nämlich an mit seiner gottverfluchten Quetsche deutsche Volkslieder über den Platz zu schmettern. Die Lautstärke ist dabei so laut, dass eine Konversation fast unmöglich ist.

 

Der Glaube mancher deutscher Urlauber, die eigene Kultur wäre etwas das den ganzen Rest der Welt zutiefst verzücken würde, ist für mich nicht nachvollziehbar. Wir sind hier in Italien, und so sehr ich die Musik von Al Bano und Romina Power verabscheue, so sehr gehört diese Musik einfach zu Italien. Wenn dort ein Radio plärrt und dann Toto Cottungno "Un estate con te" schmettert, dann gehört das zu einem perfekten Italien-Feeling dazu und gibt mir das Gefühl wirklich in Italien zu sein – dass ich auch im Esszimmer meiner Mutter sein könnte blende ich einfach aus und genieße den Urlaub. Aber ich sehe einfach nicht ein 800km zu fahren um dann dieses unsägliche "Muss i denn..."-Humtata-Humptata-Gedudel über mich ergehen zu lassen. Ich habe verdammt nochmal Strapazen und finazielle Aufwendung auf mich genommen und da habe ich ein Recht darauf mir so eine Scheisse nicht anhören zu müssen. Jetzt wo ich meinen Text querlese und feststelle wie viele Schimpfworte mir hier raus rutschen, erkenne ich erst so richtig wie sauer ich bin. Ich koche vor Wut.

 

Ich will jetzt auch nicht den totalen Strebereindruck erwecken: ich höre auf meinem Stellplatz auch meine Musik, aber ich passe sie von der Lautstärke so an, dass an der Grundstückgrenze zum nächsten Gast nichts mehr davon zu hören ist. Was interssiert es meinen Nachbar - von woher er auch immer kommen mag - ob ich John Coltrane oder Thy Art is Murder höre?

Mancher Lärm lässt sich natürlich nicht vermeiden. Tollende Kinder oder ein lauter fröhlicher Lacher hier und da, darf natürlich auch über die Grundstücksgrenze dringen, keine Frage. Das ist auch etwas anderes und ist in-sich international und auch lebensbejaend. Aber den Lärm den ich vermeiden kann, den vermeide ich. Und wer es einfach nicht schafft ohne sein deutsches Dschingerassabumm auszukommen, der soll doch bitte Urlaub auf einer Alm im bayerische Gebirge machen. Dort kann er Quetsche spielen so lange bis ihn der Almöi mit der Mistgabel die Hänge hinunter jagt.

 

Auch glauben deutsche Urlauber jeglichen Anstand den sie (hoffentlich) in Deutschand noch haben, hier nicht zur Anwendung bringen zu müssen. So gehen sie mit ihrem 180kg Prachtkörper stets oben-ohne, und man hofft, der Jenige würde sich zurfällig im Supermarkt in die Abteilung für BHs verirren. Das ist kein Fettshaming, wirklich nicht. Ich bin auch alles andere als schlank aber ich zwinge doch niemanden sich meinen Körper ansehen zu müssen. Da frage ich mich, machen diese Leute das auch in Deutschland so, dass sie sobald der Juli angebrochen ist, sie dem Rest der Welt ihren adipösen Anblick zumuten? Warum dann im Urlaub? Am Strand oder am Pool ist das ja ok, da muss keiner im Hella-Von-Sinnen-Einteiler rumlaufen. Aber im Supermarkt? Nur weil wir Touristen einen Teil unseres Geldes hier lassen heisst das nicht, dass wir dieses Land im Ganzen gekauft haben um damit anzustellen was wir wollen. Wir sind hier lediglich Gäste. Und ich würde jeden Gast hochkant rausschmeissen, der anfinge sich bei mir in der Wohnung auszuziehen um "Lustig ist das Zigeneurleben" auf seiner Quetsche anzustimmen.

 

Ich möchte es nochmal klarstellen: Italiener, Kroaten, Spanier und Griechen sind keine Menschen 2. Klasse – schon gar nicht wenn wir in deren Ländern zu Gast sind. Ob wir hier mit Devisen aufschlagen oder nicht ist unerheblich. Natürlich verdienen diese Länder an uns, aber nichts desto trotz bezieht sich unsere Bezahlung nur auf gewisse Dienstleistungen. Wenn ich in Deutschand in ein Lokal gehe heisst das noch lange nicht, dass ich so wie es mir beliebt durch die Räume streunern kann nur weil ich dem Chef Geld für die Speisen bezahle. Ein Verhalten wie ich es hier erleben muss, ist in etwa das selbe und ist hochradig unangebracht. Ich schäme mich regelrecht für meine Landsleute. Denen ist entweder kein bisschen bewusst wie man uns im Ausland als Deutsche wahrnimmt, oder es ist ihnen völlig egal. Beides finde ich inakzeptabel.

 

Ich wünsche mir, dass unsere Gastgeber etwas mehr aufbegehren und sich gegen dieses arrogante Verhalten zur Wehr setzen. sie haben einfach mehr Respekt von uns verdient! Wer sich nicht benehmen kann soll gefälligst zu Hause bleiben!

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