Das geht zu weit, liebe Herren Söder und Weil!

Jeder der meinen Blog verfolgt, wird wissen, dass ich generell schon ein Befürworter der Impfkampagne gegen Corona bin. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass sie der Weg aus der Pandemie sein wird. Wer mein Buch gelesen hat, der weiss aber auch, dass ich der Wissenschaft nicht blind vertraue und sie doch von Zeit zu Zeit auch berechtigterweise hinterfrage. Aber, auch ich weiss, dass man die Wissenschaft nicht einfach zu eigenen Zwecken mißbrauchen darf.

 

Ich habe mich hier schon oft über das politische Vorgehen von Markus Söder aufgeregt. Sein gespieltes Interesse am Bürger und dessen Wohl kaufe ich unserem Ministerpräsidenten schon seit Langem nicht mehr ab. Alles was ich in den letzten 15 Monaten von Markus Söder gesehen und gehört habe, hat lediglich mit seiner eigenen Karriere zu tun. Er dreht sein Fähnchen bei jeder Richtungsänderung zielsicher in den Wind und versucht aus jeder Veränderung politisch Kapital zu schlagen. Das ist für einen Politiker nichts ungewöhnliches, jedoch in der Häufung bei Markus Söder so auffällig, dass es mich regelrecht anwidert. In meinen Augen lässt er jegliche charkterliche Eignung für ein höheres politisches Amt vermissen. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass er es noch zu steigern vermag. Leider hat er in seinem Bestreben die Pandemie unter Kontrolle zu bringen mittlerweile so sehr die Bodenhaftung verloren, dass er glaubt nicht nach den Regeln zu spielen müssen, sondern die Regeln während des Spiels einfach nach eigenem Gusto anpassen zu können. Was er dabei auf lange Sicht für einen Schaden anrichtet, scheint ihm entweder nicht bewusst oder sogar egal zu sein. Ich weiss nicht was von beidem ich schlimmer finde. Wenn es ihm egal ist, dann finde ich ihn skrupellos und wenn er nicht erkennt wie fehlgeleitet er ist, dann fehlt es ihm offensichtlich am nötigen Weitblick.

 

Aber worauf genau will ich hinaus?

Es geht mir darum wie er politisch versucht auf die Einschätzung der Stiko Einfluss zu nehmen. Söder ist seit Längerem nicht einverstanden mit der Empfehlung der Stiko Kinder zwischen 12-17 Jahren nicht flächendeckend zu impfen. Aus politischer Sicht – wie auch aus meiner Laiensicht – ist es nur verständlich, dass man mutmaßt, dass mit einer flächendeckenden Impfkampagne bei Schülern jener Altersgruppe der Weg hin zur Herdenimmunität deutlich schneller beschritten werden könnte. Das wäre aber nur eine Seite der Medaille. Hier muss muss man deutlich eingestehen, dass man als Laie – wozu ich auch Herrn Söder zählen würde – nicht alle Fakten und Auswirkungen auf dem Schirm haben kann. Hingegen Wissenschaftler wie Prof. Mertens, die sich seit Jahr und Tag mit dem Thema Impfungen beschätigen, schon. Auch der Stiko ist mit Sicherheit daran gelegen die Pandemie möglichst schnell zu überwinden. Man kann ihnen also nicht unterstellen sie würden aus irgendwelchen Gründen die Lösung mutwillig blockieren. Davon haben sie ja selbst nichts. Da sie den Startschuss für eine Impfkampagne bei den Schülern aber trotzdem nicht geben, ist mein Gedanke, dass ihnen diese Empfehlung sicherlich nicht leicht gefallen ist. Was für mich die logische Konsequenz dessen ist, dass es hier entweder nicht abzusehen ist wie Kinder auf den Impfstoff reagieren würden, oder der Nutzen sich doch nicht so deutlich auf die Herdenimmunität auswirken würde, wie Herr Söder das gerne hätte.

 

Politiker können nicht einerseits die Wissenschaft als ultimative Quelle und Basis für ihre politischen Entscheidungen propagieren um an anderer Stelle dann die Wissenschaft so zu bedrängen, dass deren Erkenntnisse zur eigenen politischen Agenda passen. Würden Politiker wie Markus Söder und Stephan Weil die Stiko so stark bedrängen, dass diese dem Druck nachgeben und ihre Empfehlung ändern müsste, dann würde diese Institution ihre Glaubwürdigkeit verlieren und sich auf Jahrzehnte hinweg so beschädigen, dass sie quasi obsolet wäre. Was unsere Poltiker auch nicht verstehen wollen ist die Tatsache, dass der Bürger dies natürlich auch so empfinden würde und es natürlich das Vertrauen in die Impfstoffe weiter verloren ginge, denn der Bürger würde beginnen zu hinterfragen ob die ursprüngliche Empfehlung, die Bevölkerung mit den neuen Impfstoffen zu impfen, auch nur von der Politik gelenkt war. Ob diese Empfehlung tatsächlich wissenschaftlich legitimiert war, wäre für den Bürger kaum mehr nachvollziehber. In Anbetracht der ohnehin schon vorherrschenden Skepsis bekäme das Lager der Impfgegner sicher noch massiven Zulauf. Wissenschaft ist eine erkenntnisbasierte Angelegenheit, und Erkenntnisse sind etwas das man abwarten uns hinnehmen muss. Wenn wir anfangen auf die Ergbnisse der Wissenschaft Einfluss zu nehmen wird sie zu etwas Absurdem.

 

Die Politik macht es sich hier zu einfach. Gut, echtes Rückgrat und Cojones erwarte ich schon lange von keinem Politiker mehr. Aber viele Entscheidungen empfinde ich mittlerweile persönlich extrem feige. Gerade Politiker wie Söder die gerne den großen Zampano oder den starken Mann mimen, sollten sich dringend fragen ob bei ihrem ganzen Gehabe nicht doch mal ein paar unbequeme Entscheidungen nötig wären um das was man selbst für notwendig erachtet auch flächendeckend umzusetzen. Nur weil er selbst zu feige ist sich für eine flächendeckende Impfpflicht bei allen Erwachswenen auszusprechen versucht er diese Last bei der Stiko abzuladen indem er versucht dieser eine für ihn passende Empfehlung abzuringen.

 

Ich bin seit Langem der Meinung, dass es wahrscheinlich nichts bringen wird immer nur Impfangebote zu machen und zu versuchen die Menschen zu überzeugen. Es wäre wichtig mit den Menschen so umzugehen wie es dringend geboten ist und wie wir es an anderen Fronten seit jeher tun: mir ist nämlich nicht bewusst, dass wir den Menschen nur empfehlen und anbieten nicht unter Alkoholeinfluss Auto zu fahren. Mir ist nicht klar, dass wir den Leuten den Gurt im Auto und bestimmte Richtgeschwindigkeiten im Straßenverkehr nur anbieten und ans Herz legen. Wir haben als Menschheit oft genug bewiesen, dass wir nicht vernünftig genug sind um rein durch Empfehlungen einen reibungslosen Ablauf unserer Gesellschaft zu gewährleisten. Wir haben an bestimmten Stellen unseres Zusammenlebens einfach festgestellt, dass Richtwerte und Empfehlungen so lange ignoriert wurden bis konkrete Gesetze notwendig wurden die für alle verbindlich sind um uns vor Menschen zu schützen die glauben alleine auf der Welt zu sein. Bei einem Großteil der Bevölkerung auf Vernunft zu hoffen wurde bislang immer enttäuscht. Es wäre an der Zeit auch dies zu erkennen.

 

Ich rate also Herrn Söder dringend, sich entweder politisch endlich zum Mann zu machen, oder wenigstens aufzuhören sich hinter der Stiko verstecken zu wollen. Dieses Verhalten ist hochgradig unethisch und als Ministerpräsident unverantwortlich.

Wie immer im Leben: Wer nichts zu sagen hat, soll die Klappe halten!

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