Es ist unglaublich. Unsere Demokratie nimmt Schaden und keiner scheint es zu bemerken. Die Medien, deren Kapital Schauspieler, Musiker und Kulturschaffende sind, arbeiten gegen ihre eigene Basis, und wollen es einfach nicht wahrhaben.
Nachdem sich nun eine Intensivmedizinerin mit einer polemischen Gegenkampagne zu Wort gemeldet hat, findet über die Medien etwas statt das mich hochgradig irritiert. Es werden nun die Ärzte gegen die Schauspieler aufgehetzt. Ich als Bürger soll mich jetzt moralisch zwischen den Ärzten und den Schauspielern entscheiden und Partei ergreifen. Das sehe ich partout nicht ein. Erstens, kann ich nicht ersehen, dass die Ärzte primär mehr Recht hätten als die Schauspieler. Als Totschlagargument werden natürlich immer die Cononatoten bemüht. Bei einer Vielzahl der Menschen funktioniert dieses Universalargument auch bestens – so lange das eigene Hirn brav ausgeschaltet bleibt. Aber ich verstehe die Debatte insofern nicht, dass ich nicht akzeptieren kann, dass man sich zwischen den beiden Gruppen überhaupt entscheiden muss?! Ist es denn wirklich so, dass die Anliegen beider Seiten so unterschiedlich sind und man jeder Seite einen Wert zuschreiben könnte? Wer dies tut, spielt sich hier zum Richter über Gut und Böse auf, das sollte man sich dringend vor Augen führen. Man sollte da aber ein ethisches Verständnis haben das auf dem Niveau eines König Salomon ist, sonst sind die Auswirkungen fatal. Letzteres sehe ich leider bei den Meisten nicht.
Aber um was geht es denn überhaupt? Ärzte laden die Schauspieler ein einmal bei einer Schicht mitzuarbeiten und sich das Elend auf den Intensivstationen mitanzusehen. Eine legitime Forderung. Sicherlich würde den Schauspielern auch ein kalter Schauer über den Rücken laufen. Aber, sind Ärzte dann auch im Gegenzug bereit, die Schauspieler mal einen Tag bei ihrem Kampf um die eigene Existenz zu begleiten? Würden sie auch mal ein paar Tage mitgehen wenn Schauspieler ihnen zeigen wo sie als Tanzbären der Nation jahrzehntelang die Bürger zum Lachen, Weinen und zum Mitsingen bringen sollten? Deutschland, hat sich nämlich jahrzehntelang schön unterhalten lassen und die Kreativität der Kulturschaffenden genutzt um sich daran zu erfeuen, und plötzlich sind gerade sie die Ersten die von den Bürgern links liegen gelassen werden. Das gehört leider auch zur Wahrheit dazu. Das möge man sich bitte auch direkt selbst ins Gesicht sagen wenn man mal wieder vor dem Spiegel steht und sich selbst als Gutmenschen lobt. Würden die Ärzte auch mitgehen und sich ansehen, wo für die Schauspieler nun überall Türen verschlossen sind und wie trostlos sich für sie die aktuelle Situation gestaltet? Würden sich die Ärzte für diese Seite genauso öffnen können, wie sie das aktuell von den Schauspielern einfordern? Vermutlich würde ihnen der gleiche kalte Schauer über den Rücken laufen, wie den Schauspielern bei einer Schicht auf einer Coronastation.
Natürlich sterben Menschen auf den Intensivstationen. Ich finde die Argumentation aber extrem seltsam, dass man es befremdlich findet, dass es so ist und es unzumutbar wäre, dass Intensivpersonal den Menschen beim Sterben zusehen muss. Aber ist das nicht eine Verdrehung der Realität? Menschen kommen ja auf die Intensivstationen, weil sie sehr krank sind. Dass dabei Menschen sterben, ist tragisch, aber logisch. Also wenn nicht dort Menschen sterben, wo sonst? Ich fände es eher befremdlich wenn Menschen plötzlich an der Ampel tot umfielen oder im Bus leblos zusammenbrächen. Tatsache ist auch, keiner wird gegen seinen Willen aus seiner Wohnung gezerrt, in einen blauen Kittel gesteckt und dazu verdonnert zukünftig als Intensivmediziner zu arbeiten. Für jeden Arzt hätte es die Möglichkeit gegeben Augenarzt, Dermatologe oder Orthopäde zu werden, wenn er ein Problem damit Menschen beim Sterben zuzusehen. Oder fragt jemand die Onkologen oder das Personal in Hospizen ob es für sie zumutbar ist, Menschen bei Sterben zuzusehen? Was ist mit den Ärzten und Schwestern auf Kinderkrebsstationen? Und ja, natürlich steckt in meiner Aussage ein gewisses Maß an Zynismus. Leider ist Zynismus aber notwendig um aus dieser humanistischen Dauerschleife auszubrechen und objektiv auf alle Bereiche unseres Lebens zu blicken. Auch mir fällt das schwer; ich spiele mich hier aber auch nicht zum Richter auf.
Das Problem, ist dass unsere Gesellschaft mittlerweise so beschaffen ist, dass wir ständig gezwungen werden uns für bestimmte Gruppen zu entscheiden. Wir sind entweder für die Schauspieler oder die Ärzte. Beides darf nicht sein. Gleiches gilt auch für den Klimaschutz, die Coronamaßnahmen, Migrationspolitik und viele andere Themen. Dieses Verhalten wird quasi über alle Belange unserer Gesellschaft massiv von Politik und Medien befeuert. Diese Art der Polarisierung ist ein Intrument von Partieien wie den Grünen, Der Linken und der AFD um deren Kernpunkte stärker herauszuarbeiten. Das was diesen Parteien bei deren politischem Geschäft in die Hände spielt, verändert aber unsere Gesellschaft so nachhaltig, dass es uns allen massiv schadet. Ich muss nämlich jederzeit in der Lage sein, wie im aktuellen Fall, das Anliegen der Schauspieler genauso zur Kenntnis zu nehmen, wie die Nöte der Ärzte. Wenn ich anfange diese gegeneinander auszuspielen verliere ich nicht nur meine Objektivität, sondern auch Teile meiner Menschlichkeit.
Fakt ist doch, dass Intensivmediziner, ihren Beruf ausüben dürfen. Sie haben kein Berufsverbot. Zumindest vom Aspekt der eigenen Existenz her, ist die Lage der Intensivmediziner also wesentlich komfortabler als die der Schauspieler. Fakt ist auch, dass die Schauspieler bei ihrer Aktion nicht wirklich persönlich wurden. Sie haben das Instrument Sarkasmus genutzt und einen Sachverhalt adressiert. Dabei haben sie offensichtlich einen Nerv getroffen. Hätten sie keinen Punkt, dann hätte sich die Diskussion nicht innerhalb kürzester Zeit so aufgeheizt und Teile der Teilnehmer sich nicht unmittelbar darauf in die Hosen geschissen und wären eingeknickt. Hier geht es also um etwas. Tatsache ist auch, dass die Ärzte im Gegensatz zur Aktion der Schauspieler aber rein emotional reagiert haben und dabei sehr wohl persönlich argumentiert haben.
Natürlich liegen bei den Intensiv-Ärzten die Nerven blank. Aber sie müssen unbedingt erkennen, dass bei uns allen die Nerven blank liegen, auch bei Allgemeinpraxen, bei denen wegen der Impfung die Telefone nicht stillstehen, bei Kassiererinnen, die sich permanent einer Infektionsgefahr ausgesetzt sehen, bei Polizisten, die Coronamaßnahmen durchsetzen sollen die sie vielleicht selbst nicht mittragen und eben auch bei unseren Kultuschaffenden! Wir sind alle am Ende. Wer behauptet er wäre nicht am Ende, der lügt oder er ist um seine Naivität zu beneiden.
Also bitte, nehmt alle die Waffen runter! In diesem Kampf muss keiner verletzt werden.
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