"#allesdichtmachen" – Applaus!

Die kürzlich online gestellte Kampagne von 50 Schauspielern zum Thema Corona-Maßnahmen war grandios und vor allem notwendig. Es gibt seit langem unzählige Branchen und Bevölkerungsgruppen, die dem Infektionschutz einfach untergeordnet werden. Sich mit einem Lebenszeichen zu Wort zu melden, darf in keiner Gesellschaft der Welt verboten sein.

 

Nun ist es in Deutschland natürlich so, dass wir das Recht der freien Meinungsäußerung haben. Offiziell ist es also jedem gestattet seine eigene Meinung zu sagen. Aber ist das auch in der Praxis so? Wer genau hinsieht, erkennt, dass der politische Spielraum in Bezug auf die Meinungsfreiheit sehr groß ist, und man wegen seiner Äußerungen eigentlich rechtlich nichts zu befürchten hätte. Deswegen ist der Begriff "Meinungsdiktatur" im Prinzip unglücklich gewählt, denn, eine Diktatur beschreibt etwas das von einem Regierungsapparat aufdiktiert wird. In unserem Land verhält es sich aber ganz anders. Der Druck der auf die Menschen einwirkt die ihre Meinung frei äußern wollen, kommt nämlich aus dem zivilen Bereich. Denn dort gibt es Menschen die meinen, dass man bestimmte Dinge nicht sagen dürfe, und rufen in regelmäßigen Abständen den Skandal aus, wo rein rechtlich kein Skandal ist. Tatsache ist, wir haben verlernt andere Meinungen nicht nur zuzulassen, sondern sie auch stehen zu lassen und als gleichwertig zu akzeptieren. Das trifft gleichermaßen auf diesen Cancel-Culture Vorfall zu, denn auch diese Empörung ist ein Ergebnis der Zivilgesellschaft und nicht des Staatsapparates.

 

Demokratie selbst ist nicht nur ein Gefühl das man selbst inne hat. Es reicht keinesfalls aus sich demokratisch zu fühlen, nur weil man in einem freien Land lebt. Man muss sich auch so verhalten, und dazu gehört es, die rechtlichen Grundlagen zu kennen, die ein Land erst zu einer Demokratie machen. Dazu gehört eben auch, dass wir alle gleich viel wert sind. Somit sind auch all unsere Meinungen gleich viel wert, solange sie im Rahmen unserer Gesetze sind. Ich habe einige dieser Filme gesehen und muss sagen, dass ich darin nichts ungesetzliches, beleidigendes oder herabwürdigendes gehört habe. Was ich dort gehört habe war Sarkasmus. Und zwar, genau jener Sarkasmus den es bei Böhmermanns Erdogan-Schmähgedicht und dem Oma-Umweltsau-Videos als Grundrecht zu verteidigen galt. Sobald aber dieser Sarkasmus gegen den Zeitgeist oder die eigene Regierung gerichtet ist, ist er plötzlich verwerflich. Was das Erstaunliche daran ist, konnte man gestern bei 3vor9 erleben: ein Armin Laschet – gegen den sich diese Kritik in Teilen auch gerichtet hatte – verteidigte diese Aktion vehement so wie ein Demokrat das eben tut. Er sagte, diese Art von Kritik muss eine freie Nation aushalten, egal ob man sie selbst teilt oder nicht. DAS ist Demokratie! Wenn also die Politik diese Art von Kritik aushalten kann, warum dann Schauspieler und andere Bevölkerungsgruppen nicht?

 

Ich habe grundsätzlich auch kein Problem damit, dass einige Bürger die Meinung dieser 50 Schauspieler nicht teilen. Das ist deren gutes Recht. Aber was ich wirklich als Skandal empfinde, ist, dass einige Schauspieler bei dieser Aktion mitgemacht haben, die dann bei der geringsten Kritik eingeknickt sind und sich für ihre Teilnahme entschuldigt haben. Das zeugt von zwei Dingen: Erstens, diese Leute haben sich unüberberlegt auf eine Sache eingelassen, ohne, das sie diese in ihrer Naivität zu ende gedacht haben. Zweitens, sie haben kein Rückgrat. Der Gegenwind war, nach meinem Dafürhalten, noch nicht mal extrem. Er kam teilweise aus eigenen Reihen, von Leuten mit denen sie in einen Dialog hätten treten können. Trotzdem haben diese wenigen Schaupieler mit ihrem feigen Rückzug gezeigt, dass sie ein Fähnchen im Wind sind und sich quasi sprichwörtlich dem Gegenwind gebeugt haben. Wo bleibt da die eigene Meinung? Wo bleibt da die eigene Überzeugung? Sollte ich jemals so einknicken, werde ich Schwierigkeiten haben mich noch im Spiegel zu betrachten, geschweige denn meiner Tochter gegenüber zu treten. Den Respekt den ich den Teilnehmern, so wie auch den Kritikern dieser Aktion entgegenbringe, kann ich diesen Deserteuren leider nicht entgegenbringen. Vor solchen Feiglingen verliere ich jeden Respekt. Diese Menschen stehen inhaltlich für nichts. Sie hätten vorher ihr Hirn einschalten sollen um sich klar zu positionieren. Am Ende haben sie der Debatte selbst, und ganzen Bevölkerungsgruppen geschadet. Dieser Schaden der hier der Demokratie zugefügt wurde – mag er auch nur ein kleines Puzzleteil sein – wird am Ende auch wieder bei ihnen selbst rauskommen.

 

Auch wenn ich den Kritikern der Kampagne uneingeschränkt Respekt entgegenbringe, muss ich ihnen trotzdem sagen, dass ihre Argumentation sehr selbstgefällig ist und ich deren Stil massiv kritisiere. Ob ich inhaltlich mit der Kampagne von Jan-Josef Liefers übereinstimme oder nicht, ist hier nicht relevant. Was man aber attestieren kann, ist, dass der Ton in den Videos die ich gesehen habe nie unangemessen oder respektlos war. Das kann man von den Kritikern leider nicht behaupten. Aussagen wie "unfuckingfassbar" zeugen davon, dass das Niveau der Kritik um Klassen niedriger lag, als die der eigentlichen Aktion. Denn es wird relativ deutlich, dass der Inhalt der Kampagne zwar emotionaler Natur war, aber inhaltlich perfekt aufbereitet umgesetzt wurde. Die Reaktionen auf die Kampagne waren allerdings wenig inhaltlich sondern rein emotional und da haben einige der Kritiker eine tiefen Blick auf ihr eigenes Niveau zugelassen. Ich respektiere Jan-Josef Liefers für seinen Mut und für sein Engagement, für den Teil seiner Kollegen, die diese Lobby und Aufmerksamkeit nicht genießen. Sich für diese Kollegen so breit in den Wind zu stellen und die Kritik so stoisch anzunehmen, zeugt von einer Sache: Charakter!

 

Ich würde allen Kritikern gerne folgenden Spruch ans Herz legen: "Laufe erst in meinen Schuhen bevor du über mich urteilst."

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