Heute war es mal wieder soweit. Nach vielen vielen Wochen der Corona-Isolation haben wir heute mal wieder eine andere Familie getroffen. Da wir beide wussten, dass unsere Familien seit Monaten keinerlei Kontakte hatten haben wir uns getraut uns heute für ein paar Stunden bei meinem Freund in seinem Garten zu treffen. Beide Familien haben sich bereits im Vorfeld auf das Treffen gefreut. Aber, mann oh mann, war das holprig zu Beginn.
Natürlich mag ich meinen guten Freund sehr und habe mich tierisch gefreut ihn zu sehen. Und ich habe mich auch für meine Frau und meine Tochter gefreut. Aber man merkte deutlich, dass wir zu Beginn alle irgendwie unbeholfen waren. Wir hatten vor Corona schon unzählige Mal Freunde getroffen, zum Grillen, zum Kaffee, zum Abendessen, für Ausflüge im Urlaub – ich glaube da war schon wirklich alles dabei. Aber jetzt war das einfach alles für mehrere Monate komplett untersagt. Da war der Tag heute wirklich was ganz besonderes. Doch hatte es sich tatsächlich so angefühlt als hätten wir verlernt wie es ist miteinander einen schönen Nachmittag zu verbringen. Selbstverständlich haben wir nach einem etwas holprigen Start einen schönen Nachmittag verbracht, aber es hat mich schon etwas schockiert, dass die Veränderung bereits so tief in uns steckt. Wir können nicht leugnen, dass Corona auf sozialer Ebene bei uns Menschen jetzt schon einen immensen Schaden angerichtet hat.
Mal von der Tatsache, dass wir etwas unbeholfen waren, fand ich das Gefühl das wir dabei hatten noch befremdlicher: Wir haben doch nur gute Freunde getroffen und keine Bank überfallen. Trotzdem hatten wir permanent das Gefühl etwas Unrechtes getan zu haben. Etwas wofür man fast schon Schuldgefühle haben soll, dabei haben wir nur unsere Freunde besucht. Das finde ich genauso krank wie Corona.
Vielleicht lag vor der Pandemie das Problem nicht darin, dass wir soziale Kontakte hatten, sondern eher darin, dass wir sie inflationär hatten und viele davon unterm Strich vielleicht sogar relativ bedeutungslos waren. Vielleicht hilft uns das nach Corona zu überdenken, welche Kontakte bedeutungsvoll sind und welche Kontakte uns zeiltich davon abhalten den wichtigen Kontakten mehr Zeit zu widmen um diese noch bedeutungsvoller zu machen.
Vorsicht ist wichtig, aber Angst war immer ein schlechter Berater. Wir müssen uns jetzt schon auf das Leben nach Corona vorbeiten und aktuell schon verinnerlichen wie diese Krise sozial auf uns wirkt. Das was Corona mit mir gemacht hat, erschreckt mich und muss von mir ungekehrt werden. Dann kann ich auch ohne Furcht wieder meine Mutter besuchen.
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